„Könnten Sie sich auch einmal vorstellen Bildungsminister auf der Bundesebene zu werden?“, fragt Leana Vrga. Die Zehntklässlerin blickt gespannt nach vorne. Dort sitzt Sven Teuber und muss nicht lange überlegen: „Die Politikerinnen und Politiker aus Rheinland-Pfalz könnten mit dem Flugzeug schneller in Afrika sein als in Berlin, wenn sie die Bahn benutzen! Das ist überhaupt nichts für mich! Mir ist auch die ständige Arbeit im Wahlkreis wichtig, die Arbeit vor Ort! Auch die Entscheidungen können bei uns in Rheinland-Pfalz schneller getroffen werden und müssen nicht erst noch mit 16 Landesbildungsministerinnen und -ministern abgesprochen werden!“ Der Bildungsminister von Rheinland-Pfalz unterstreicht, dass er die Zusammenlegung der Bereiche Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend auf Bundesebene begrüße. Karin Prien traue er viel zu. Sie könne die einzelnen Teile des Ministeriums sinnvoll zusammenzuführen und eine Politik für alle Generationen aus einem Guss gestalten. Ähnliches wünsche er sich für Rheinland-Pfalz auch, wenn er nach der Landtagswahl 2026 weiterhin das Bildungsministerium führen dürfe.
Aber nicht nur Leana Vrgas Frage nach der Zukunft der Bildungspolitik und Sven Teubers Plänen machten aus dem Besuch der Klasse 10y in Mainz am 12. Juni 2025 einen völlig abwechslungsreichen und spannenden Tag, sondern viele weitere Fragen an den Bildungsminister sowie weitere Politikerinnen und Politiker.
Florian Vorpahl wollte von Sven Teuber wissen, ob er angesichts der Entscheidung des Verfassungsschutzes, die AfD vorbehaltlich einer Klage als gesichert rechtsextrem einzustufen, dafür plädiere, diese zu verbieten. Der SPD-Politiker betonte, dass er hier bewusst differenziert antworten wolle: Persönlich bejahe er die Frage eindeutig. Als Minister müsse er jedoch weitere Überlegungen einbeziehen und deshalb müsse das Gerichtsurteil, der genaue Bericht und auch die Positionierung aller weiteren Akteure abgewartet werden.
Eine Frage nach der Weiterentwicklung von „Schule ohne Noten“ beantwortete Sven Teuber sehr wohlwollend und verwies auf die Erfolge von „Schule der Zukunft“ unter seiner Vorgängerin Stefanie Hubig, die mittlerweile Bundesjustizministerin ist. Mit Bedacht müsse in den unteren Klassen abgewogen werden, wie fair Notengebung sei und ob eine ausführlichere Form der Rückmeldekultur nicht motivierender sein könne als Ziffern.
Im angenehm temperierten Besprechungssaal des rheinland-pfälzischen Landtags saß der rheinland-pfälzische Bildungsminister jedoch nicht allein am vorderen Tisch, sondern neben dem im Wahlkreis Germersheim direkt gewählten Landtagsabgeordneten Markus Kropfreiter, auf dessen Einladung die 10y in die Landeshauptstadt gefahren war. Der Bürgermeister von Lingenfeld bekam hierbei nicht nur Fragen zu Inflation und Arbeitslosigkeit gestellt, sondern auch Fragen zu seinen Projekten im Wahlkreis, die einen regelmäßigen Feierabenddialog und Jugendprogramme wie „Döner und Politik“ beinhalteten. Die Umgestaltung der Germersheimer Straße in Lingenfeld wurden von dem aus Lingenfeld stammenden Schüler Felix Dietrich thematisiert, worauf der SPD-Politiker bekräftigte, dass diese nun – ebenso wie die Veränderungen bei der Dirtbike-Bahn – erfolgreich auf den Weg gebracht wurden. Hierbei verwies er auf seine Kommunikationswege in den Sozialen Medien.
Die Schülerinnen und Schüler bekamen Im Landtagsrestaurant auch die aus Landau stammende Landtagsabgeordnete Lea Heidbreder (Bündnis 90 / Die Grünen) vorgestellt und hatten im Anschluss die Gelegenheit, eine interessante Plenardebatte zum Thema „Altersdiskriminierung“ zu verfolgen, die von der CDU beantragt wurde und die unterschiedlichen Auffassungen zwischen der rot-grün-gelben Koalition und den Oppositionsfraktionen deutlich machte. Von ihren Plätzen auf der Tribüne konnten die Schülerinnen und Schüler viele Eindrücke gewinnen, wie die Abgeordneten sich während der Debatte verhalten, welche Politikerinnen und Politiker sich mit jenen aus der eigenen und anderen Fraktionen unterhalten, wer die Sitzung häufig durch Kommentare bereichert oder stört und wie laut die Atmosphäre im Vergleich zum Bundestag ist, den die 10y im November 2024 einen Tag nach dem Ampel-Aus in einer denkwürdigen Sitzung besuchte, die aufgrund der daraus resultierenden Lage kurioserweise abgebrochen werden musste.
Eingeordnet werden konnte die Landtagssitzung in einem kurzen Gespräch mit Florian Bellaire, der im Dezember 2024 für den zum Landrat gewählten Martin Brandl in den Landtag nachgerückt war. Auf Marius Thomas´ Frage, warum die Tagesordnung viel schneller abgearbeitet werden konnte als ursprünglich erwartet, antwortete der aus Neupotz stammende CDU-Abgeordnete, dass dies häufig davon abhänge, wie viele Interventionen zu einem Thema existierten und dies nicht so exakt geplant werden könne wie eine Schulstunde. Die Frage, was er zur Aussage des FDP-Fraktionsvorsitzenden Steven Wink sage, welcher in seiner Rede die Auffassung vertreten hatte, dass zum Thema Altersdiskriminierung doch auch gehören müsse, dass 16- und 17-Jährige noch nicht wählen dürfen, beantwortete der erfahrene Mitarbeiter des Bundestagsabgeordneten Thomas Gebhart damit, dass er auch selbst Kinder habe und mit gutem Gewissen sein Wahlrecht auch im Sinne dieser abgeben könne. Vor der unreflektierten Benutzung des Wahl-o-mats warnte er und riet dazu weitere Quellen und die detaillierten Parteiprogramme zur Kenntnis zu nehmen.
Durch die Initiative des Schüler Florian Vorpahl, der ein Praktikum im Bildungsministerium absolvieren wird, hatte die 10y bereits vor dem Besuch im Landtag die Möglichkeit, das Bildungsministerium durch einen kurzen Rundgang kennenzulernen, wobei Katharina Kauth, die persönliche Referentin des Ministers, auch Einblicke in das Arbeitszimmer Sven Teubers gewährte. Hierbei durften sich die Schülerinnen und Schüler sogar auf dessen Schreibtischstuhl setzen und die großartige Aussicht über die rheinland-pfälzische Hauptstadt genießen.
Einen sehr tiefen Einblick in die Funktionsweise eines Ministeriums erhielten die Schülerinnen und Schüler im Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität (MKUEM). Uta Brehm erklärte hierbei anhand eines Organigramms, wie komplex das MKUEM aufgebaut ist, welche Überlegungen bei der Anordnung der einzelnen Abteilungen und Referate eine Rolle spielen und unter tatkräftiger Mithilfe der Schülerinnen und Schüler, wie sich die Gesetzesentwurfsarbeit und Durchführung in der Ampelkoalition darstelle. Flankiert wurde die persönliche Referentin der Ministerin durch zwei engagierte Praktikantinnen, die darlegten, wie sie die Arbeit der Ministerin in ihrem Tagesablauf unterstützen können.
Den Höhepunkt des Besuchs im MKUEM stellte das Treffen mit Ministerin Katrin Eder dar, die für Bündnis 90 / Die Grünen als Spitzenkandidatin in die nächste Landtagswahl gehen wird. Anton Heuberger erkundigte sich in einer kurzen Fragerunde, woran es liege, dass die Deutsche Bahn so unzuverlässig geworden sei und ob die Landespolitik und vor allem das für Mobilität zuständige MKUEM hieran überhaupt etwas ändern könne. Die Ministerin hob hervor, dass das Hauptproblem für Rheinland-Pfalz vor allem das aus den 1890er Jahren stammende Streckennetz zwischen Frankfurt und Mainz sei. Durch die Verspätungen auf diesem Abschnitt ergäben sich alle Verspätungen in Richtung Koblenz, Trier und in den Süden. Die Frage nach dem riesigen Erfolg der Partei Die Linke unter den Jugendlichen und den erstmals Wahlberechtigten bei der Bundestagswahl 2025 beantwortete die Ministerin damit, dass es für Die Linke einfacher gewesen sei als für die Grünen, da sie ohnehin keine Chance gehabt hätten in Regierungsverantwortung zu kommen. Dadurch habe Die Linke auch durch Heidi Reichinneks Rede schärfer darauf reagieren können, dass die CDU/CSU bei der Abstimmung zum „Zustrombegrenzungsgesetz“ und dem damit zusammenhängenden Entschließungsantrag die Stimmen der AfD in Kauf genommen habe, um eine Mehrheit zu erhalten. Sie selbst habe auch eine größere Kritik daran befürwortet. Auf die Frage von Lea Schanne aus der MSS 12, die die Gruppe zusätzlich begleitet hatte, welchen Stellenwert Frauen in der Politik einnehmen, verwies Katrin Eder darauf, dass sie nicht genauso ernstgenommen werde wie ihr männlichen Kollegen, Bündnis 90 / Die Grünen die ersten drei Listenplätze für die Landtagswahl aber bewusst mit Frauen besetzt hätten und auch jetzt schon die beiden Ministerinnen und die Fraktionsvorsitzende aus den eigenen Reihen Frauen seien. Dadurch könne ein aktiver Beitrag zur Stärkung von Frauenrechten bewirkt werden.
Die 10y des Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasiums Germersheim kann auf einen sehr eindrucksvollen Tag in Mainz zurückblicken und bedankt sich beim Landtagsabgeordneten Markus Kropfreiter für die Einladung.
Dirk Wippert