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„Der Unterricht war eine Gehirnwäsche!“ – Kunstgeschichteprofessor Heinen begeistert mit Bauhaus-Vortrag

„Alles, was ich persönlich gut finde, muss weg!“, charakterisiert Ulrich Heinen den Unterricht am Bauhaus. „Wer sich der Knappheit und der Kargheit nicht stellte, war raus!“, führt der habilitierte Kunsthistoriker aus, steht in der Aula des Johann-Wolfgang-Goethe-Gymnasium Germersheim und fasziniert mit seinem Vortrag das zahlreich erschienene Publikum.

Bereits zum neunten Mal seit 2014 hatte der Freundeskreis des Goethe-Gymnasiums am 19. September 2019 zur Veranstaltungsreihe „Goethe-Forum“ eingeladen und konnte – passend zum hundertjährigen Bestehen der berühmten Weimarer Kunstschule – mit dem langjährigen Dekan der Universität Wuppertal eine große Koryphäe im Bereich Kunst, Kunstpädagogik und Kunstgeschichte aufbieten.

Nach einer kurzen Begrüßung und Vorstellung durch Kunstlehrerin Ulrike Hasslinger, die die Kontakte zum Herausgeber der kunstpädagogischen Zeitschrift „Imago“ geknüpft hatte, stimmte ein Streicher-Quartett aus der Klasse 10y, bestehend aus Lotte Dotzer, Hannah Gadinger, Jana Treffeisen und Claudius Hammer, das Publikum mit dem zweiten Satz aus dem Opus 5 von Anton Webern auf den abwechslungsreichen Abend ein. Im Sinne des auch heute noch als modern geltenden Bauhauses sollten hierbei Assoziationen hergestellt und der Einfluss der Moderne transportiert werden.

In hundertzwanzig fesselnden Minuten bot Ulrich Heinen mit „100 Jahre Bauhaus – Rekrutierungsanstalt der Moderne“ eine differenzierte Analyse, die einen anderen Blickwinkel als der Hype offenbarte, der im Jubiläumsjahr der Kunstschule in Fernsehfilmen und Ausstellungen dargestellt wurde.

Besonders beeindruckend war dabei Heinens Einstieg, in welchem er die erste Unterrichtsstunde von Josef Albers nachspielte. Der Kunstlehrer am Bauhaus habe seine Schülerinnen und Schüler aufgefordert, eine Zeitungsseite in ein Kunstprodukt zu verwandeln. Die hierbei entstandenen Hüte und Kähne habe Albers allerdings als „Kindergartenkram“ bezeichnet. Akzeptiert wurde von ihm ausschließlich eine Zeitungsseite, welche so aufgestellt wurde, dass sie nicht mehr labbrig und langweilig, sondern dynamisch und stabil wirkte. Symbolisiert wurde dadurch das Prinzip von Unterricht, das geprägt war von Zeit- und Arbeitsökonomie.

Nachfolgend gelang es Heinen einen Überblick über die Prinzipien von Unterricht und Gestaltung am Bauhaus zu geben, in dem neben der Elementarisierung, der Entnarrativierung, der Typisierung, dem Massenbedarf und dem für IKEA grundlegenden Montageprinzip auch die Rolle von Bauhausgründer Walter Gropius und der populären Lehrer Johannes Itten, Paul Klee, Wassily Kandinsky und Lyonel Feininger thematisiert wurde.

Einen überraschend kritischen Blick auf die Lehren der legendären Bildungsstätte eröffnete Heinen mit seiner Betrachtung des Werdegangs einiger Bauhausabsolventen. Diese dienten auch unmenschlichen Systemen wie dem Stalinismus und dem Nationalsozialismus. Nach 1945 habe das während der Hitler-Zeit als „entartete Kunst“ diffamierte und geschlossene Bauhaus zumeist als Zeichen der Abwendung vom Nationalsozialismus gegolten. Doch müsse auch diese Komponente beachtet werden, die sich bereits in der radikalen und niemals bürgerlichen Einstellung der Bauhausschüler in den Zwanziger Jahren gezeigt habe.

Bezogen auf heute unterstrich der Autor des richtungsweisenden Werks „Kunstunterricht verstehen“, dass in der Digitalisierung die gleiche Euphorie für die Moderne stecke wie im Bauhaus. Möglich sei ein völlig neues Denken, welches beinhalten könne, dass es erst, wenn all unsere Daten bei SAP gespeichert wären, eine wirkliche Einstellungsgerechtigkeit gäbe.

Fasziniert von der differenzierten Sicht auf das Bauhaus dankte der stellvertretende Schulleiter Martin Stein Ulrich Heinen für einen sehr interessanten Abend.

 

Dirk Wippert

 

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